Freitag, 16. Mai 2008

Logbuch eines Reisenden

Weiter geht's. Der Anfang der Reise liegt ja immer schon in ferner Vergangenheit, also beginnen wir einfach hier an dieser Stelle mit einigen Notizen. Über die Kunst des Anfangens gibt es - wie im Grunde wohl über jedes andere Thema - bereits einiges zu lesen, so etwa in Peter Sloterdijks Buch "Zur Welt kommen - Zur Sprache kommen" (1988). In seinen Vorlesungen über die Poetik des Anfangens liest man folgende Warnung:
Ein Buch ohne Anfang und Ende ist für menschlichen Besitz ungeeignet, der Verstand gerät in Gefahr, sich ans Monströse zu gewöhnen, und blättert einer zu viel in dem maßlosen Buch, so riskiert er selbst zum Monstrum zu werden.
Nun sind wir aber durchaus im Besitz eines solchen Textes, der weder Anfang noch Ende hat. Es handelt sich um den endlos verwobenen Hypertext, der keinesweg im Zeitalter des Internets begonnen wurde zu weben, sondern zu einer Zeit, in der die Literatur selbst erfunden wurde, spätestens seitdem die frühen Dichter sich auf noch frühere Dichtungen bezogen, indem sie gewissermaßen einen literarischen Link setzten.

Genau so wie sich Sloterdijk auf die Geschichte "Die Bibliothek von Babel" (1941) von Jorge Luis Borges bezieht, der sich selbst wiederum auf den Mythos der babylonischen Sprachverwirrung - sprich auf das "Buch der Bücher" (600 v. Chr. bis 120 n. Chr.) -, bezieht, deren anonyme Autoren sich letztendlich auf noch ältere Mythen beziehen. Die vermeintlich älteste Geschichte der Welt, bekannt unter dem Namen "Gilgamesch-Epos" (2100-1800 v. Chr.), reicht in die Zeit zurück als man noch Zeichen in Tontafeln einritzte. Aber auch dieses Tontafel-Epos steht nicht am Anfang. In der Literatur gibt es keinen Anfang. Der Leser ist immer schon mittendrin in der Gutenberg-Galaxis, die laut Marshall McLuhan im letzten Jahrhundert ihr Ende gefunden haben soll. In dieser Galaxie werden aber durchaus neue Sterne geboren und die Gefahr in ihr zu einem Monster zu werden ist keineswegs vorrüber.

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