Mittwoch, 11. Juni 2008

Der alte Mann und das Mädchen

Vor einigen Tagen Martin Walsers "Ein liebender Mann" (2008) ausgelesen. Ein Goethe-Roman. Erstaunlich unterhaltsames Buch mit lakonischen Weisheiten und einer um Klassizität bemühten Sprache, die in dieser Geschichte durchaus am Platze ist. Es gibt wohl nicht mehr viele gute Gründe, ein weiteres Buch über Goethe zu veröffentlichen, aber einem der wenigen verdankt sich dieses Buch: Mimesis.


Der 74jährige Goethe verliebt sich in die 19 Jahre alte Ulrike von Levetzow [Bild], soviel zum historischen Ausgangspunkt. Die Charakterisierung des jungen Mädchens scheint dagegen literarisch etwas überhöht geraten zu sein, ein solches frühreifes und eloquentes Frauenzimmer, wie Walser es vorstellt, ist doch eher das Produkt eines kühnen Nachahmers unseres Klassikers, der am Ende das Ideal in der Literatur erschaffen will, weil es im Leben nicht zu haben ist. Das Thema Alte Männer und Junge Frauen ist ja durchaus präsent in den letzten Jahren - man denke etwa an Philip Roths thematische Redundanz - und tatsächlich scheint der Roman ein geeignetes Medium zu sein, um das, was nicht sein darf, dennoch sein zu lassen.